In welcher Form kann man die gotischen Kirchenfenster im Unterricht behandeln?

Anwendungsfelder der Mathematik können im Mathematikunterricht in verschiedenen Formen eingebracht werden. Es gibt dafür folgende drei Möglichkeiten (vgl. Bruder [2001]):

1. Ein Anwendungsfeld wird mit mathematischen Mitteln erschlossen

Dies erfolgt in der Schule in Form eines Projektes. Hierbei strukturieren reale Fragestellungen und Probleme den Kurs. Ein solches Projekt beschreibt Andrea Graebenteich in ihrer Examensarbeit für das zweite Staatsexamen. Sie hat das Thema gotische Kirchenfenster für den Unterricht umgesetzt, indem sie eine sehr vielfältige 10-stündige Unterrichtsreihe in Zusammenarbeit mit einer Kunstlehrerin plante. Die Schüler lernten das Thema so nicht nur aus Sicht der Geometrie kennen, sondern erfuhren auch die kunsthistorischen Zusammenhänge dahinter. (Ausführlich nachzulesen bei Graebenteich [1995]. Die Zeitschrift ist in der FB-Bibliothek verfügbar)

2. In einen stärker an der mathematischen Sachlogik orientierten Unterricht werden abschnittsweise Anwendungen "eingestreut"

Dies kann so aussehen, dass zwischendurch für einen kurzen Abschnitt oder beispielsweise eine Vertretungsstunde Anwendungsthemen eingeschoben werden. Anregung für ein solches Vorgehen mit dem Thema Kirchenfenster bietet das Schulbuch „Mathematik heute“ für die 9. Klasse der Realschule in Hessen aus dem Schroedel Verlag (Griesel [2003]). In diesem Buch finden sich immer wieder kleine Einschübe unter dem Namen „Im Blickpunkt“. Einer davon ist zum Thema „Gotische Maßwerkfenster“ (S. 192 f.). Hier findet man auf einer Doppelseite neben einer sehr kurzen Einführung in das Thema einige Aufgaben, die sich mit der Konstruktion von Kirchenfenstern beschäftigen.

3. Ein Anwendungsbereich wird als vertikale Linie entwickelt

Diese dritte Möglichkeit ist, einen Anwendungsbereich als vertikale Linie durch den Unterricht hindurch zu ziehen. Wenn man im Unterricht etwas gelernt hat, das sich auf das Anwendungsfeld anwenden lässt, schiebt man es kurz ein und zeigt damit die Relevanz sowohl des neu Erlernten, als auch des Anwendungsfeldes noch einmal auf. Auch bei den gotischen Kirchenfenstern ist ein solches Vorgehen vorstellbar. Man kann das Thema schon sehr früh einführen, wenn gerade die grundlegendsten Konstruktionen mit Zirkel und Lineal gelernt werden. Die Grundform des Spitzbogenfensters lässt sich schon in recht niedrigen Klassenstufen durchnehmen. Hier ist dann der Schwerpunkt darauf zu legen, die Schüler zum sauberen Konstruieren anzuhalten. Für das Ausgestalten sollte die Fantasie der Schüler ausreichen, um einige interessante – wenn auch vielleicht nicht ganz exakte – Konstruktionen zustande zu bringen. Später kann man dann immer weiter darauf aufbauen und nach und nach das Gelernte darauf anwenden. So lässt sich das Thema leicht bis in die 10. Klasse durchziehen.

 

Weiter zu: